Hochzeitstag, da darfs schon mal was Besonderes sein.
Wer hätte bei uns auf´m Dorf mitten im hessischen Outback vermutete, dass man mehr kriegt als Bratworscht unn Schnitzel……
„Der Löwe“ in Eidengesäß (jaja, ich weiß, bescheuerter Name), warte, kommt noch besser, in Linsengericht, war schon immer eine bessere Adresse. Früher (so vor 30 Jahren oder länger) war es schon was Besonderes, da zum Essen hin zu gehen.
Über die Jahre hab ich das nicht mehr verfolgt, bis eine Kollegin vom Sonntagsbrunch schwärmte und dort auch mehrmals zum Abendessen dort war.
Warum nicht mal ausprobieren?
Tisch reserviert und los.
Parken im näheren Bereich des Restaurants? Fehlanzeige. Mitten im alten Dorfkern, direkt an der Hauptstraße , keine Chance.
Wir kurvten eine Weile um einen Platz für unser Auto zu finden. Egal.
Von außen sah das Restaurant gemütlich rustikal aus, kleiner Biergarten angeschlossen, ganz nett.
Und dann traten wir ein. Ich glaube, wir guckten beide ziemlich blöd aus der Wäsche. Wie sagt man so schön, das sah da aus wie die Omma unterm Arm. Sehr Landhaus, sehr rustikal, aber eher altmodisch, nicht, als hätte man das erst gestern so dekoriert. Hui, ok, dann erst mal einen Blick auf die Tische. Die waren schön eingedeckt, auch wenn man da mal nachbessern könnte, sollte, müsste…..
Die Bedienungen sehr freundlich, da gab´s nix zu meckern.
Jetzt saßen wir da und waren uns gar nicht mehr so sicher, ob das ne gute Entscheidung war. Es waren noch 3 Tische besetzt, und viel freie Kapazität. Im Verlauf des Abends kamen noch Gäste für 2 Tische …..
Vorsichtiger Blick auf die Teller der Nachbarn, sah gut aus, also mal die Karte kommen lassen.
Ich bin immer noch irritiert vom staubigen Putz an der Wand und dem ebenso angestaubten Ambiente.
Ein Gläschen Sekt vorweg mit Maikraut-Sirup, ja klar, zur Feier des Tages. Sehr lecker, selbstgemacht.
Es wurde Brot mit einem Pöttchen Schmalz gereicht, für diese Region nicht unüblich, war lecker und das Brot wurde immer wieder aufgefüllt.
Die Speisekarte war nicht übermässig groß, war für uns ein untrügliches Zeichen dafür ist, dass frisch gekocht wird. Für jeden Geschmack war aber auch was dabei.
Es folgte der „Gruß aus der Küche“: Eine Erbsenterrine auf Lachs, sehr lecker…..eigentlich.
Der Teller war viel zu kalt, was dem Mousse etwas den Geschmack nahm. Außerdem schmeckte es leicht nach Kühlhaus. Man hätte es zum Lagern abdecken sollen.
Davon abgesehen schmeckte es gut. Ich fand die Farben sehr stimmig und Erbse und Lachs vertragen sich prima!
Die Weinkarte war reichhaltig, man konnte allerdings nur deutsche Weine finden (oder ich hab was übersehen), was für uns nach dem Wochenende in Rüdesheim eher „naja“ war. Die Wahl fiel auf das südlichste, was wir orten konnten. Der Wein aber durchaus ok! Will ja nicht an allem mäkeln.
Wir entschieden uns für eine Vorspeise, die wir uns teilen wollten:
Spargel aus der Region in mehreren Varianten, als Spargelsüppchen im Weckglas, mariniert (köstliche Dressing mit Tomate), zweierlei Schinken, Ein Spargelmousse auf Tamezzini, knusprig frittiert mit Sauce Tartar.
Es war geschmacklich ausgewogen, schön kombiniert und sehr ansprechend angerichtet. Daumen hoch!
Die Wahl der Hauptspeise fiel auf folgende Gerichte:
Seeteufel Medaillons an gerauchter weißer Petersiliensoße mit gehobelter Meerrettichspäne, auf Balsamico Linsen, Wirsingröllchen und gebutterten Kartoffeln.
Von gerauchter Petersilie habe ich zwar nichts geschmeckt, aber die Sauce war ein Traum. Die Linsen wunderbar würzig, ein schöner Kontrast zu den feine Aromen von Fisch, Soße und Wirsing. Den Meerrettich hätte ich vermutlich weg gelassen. Sehr schönes Gericht, Daumen hoch!
Ich hatte die Maispoularde mit knuspriger Haut, auf gebratenen Auberginen mit eine Limetten Knoblauch Soße, dazu Gnocci mit Tomate im italienischen Stil.
Auch hier war die Soße ein Traum, wenn ich die benannten Komponenten auch nicht wirklich rausschmecken konnte. Die Aubergine knusprig, die Haut der Poularde knusprig, die Poularde schön saftig, alles in allem eine tolle würzige Komposition von Aromen und schöne Texturen. Daumen hoch!
So langsam war die Kapazität unserer Mägen am Limit. Ohne Dessert wollten wir allerdings nicht vom Hof reiten, zumal wir schon Teller bei den Nachbartischen gesehen hatten, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen ließen.
Wir entschieden uns wieder zu teilen und bestellten Erdbeer-Schokoladen Schnittchen, Mousse au Chocolate, weißem Schokolade Espuma, frischen Erdbeeren und Rum-Eis.
Das Erdbeer-Schokoladen Schnittchen war eine dunkle Bisquitrolle mit Erdbeerfüllung. Hätte man das nicht auch so schreiben können?
Ansonsten schmeckte alles stimmig, war frisch und wie wir finden wunderschön angerichtet.
Jetzt noch ein Espresso und wir waren durch.
Über die Preise möchte ich mich nicht auslassen, das kann jeder für sich entscheiden.
Ich fand es ok, es war definitiv (für das Dorf) gehobene Küche, völlig ok. Das macht man eben dann auch nicht jedes Wochenende.
Uns hat es gefallen, wir kommen wieder!
Vielleicht fasst sich ja jemand mal ein Herz und schmeisst den alten Kram raus. Weniger ist manchmal mehr. Frische Farbe an die Wände und mit freundlicheren hellen Farben dekorieren….. auch das geht rustikal. Denn rustikal heißt nicht gleich, dunkel wie im Bärenpopo……
In diesem Sinne, schönen Tach noch!