{unbeauftragte Markennennung}
Ich erinner mich noch gut dran, dass meine Oma ein neues Schränkchen für ihr Badezimmer haben wollte. Ich sollte mich drum kümmern und so nahm ich das alte Objekt (nicht die Oma) in Augenschein.
Wenn man von der hässlichen braunen Holzfarbe und dem Korkbelag absah war es doch eigentlich ganz hübsch (es geht immer noch um das Schränkchen), hatte die perfekte Größe und bot ne Menge Stauraum. Dass Oma die Farbe satt hatte war verständlich, kackbraun halt. Also bot ich ihr an das Stück neu zu lackieren damit es freundlicher aussah. Sie ließ sich drauf ein und nach kurzer Zeit erstrahlte das Schränkchen in strahlendem weiss.
Das Schränkchen tat seinen Dienst noch ganz viele Jahre treu und brav. Irgendwann kam der Zeitpunkt an dem meine Oma die Wohnung auflöste. Ich mochte schon immer die alten Möbel aus den 50/60ern. Die alten Küchenbuffets und Kommoden hatten immer eine schöne Form die etwas heimeliges ausstrahlten.
Also nahm ich das Schränkchen mit in unser Haus. Es war schon etwas abgeliebt, hatte Schrammen und einige Lackabplatzer.
Ich verpasste ihm übergangsweise neue bunte Möbelknöpfe aus Porzellan und so tat das Schränkchen weiterhin seinen Dienst als Schuhschrank und Stauraum fürTaschentücher und Krempel. Und immer wenn ich es öffnete war da noch der Geruch nach Seife.

Jedes mal wenn ich dran vorbei ging dachte ich, dass man da doch noch was dran tun könnte um es zu einem Blickfang zu machen. Möbel habe ich ja schon immer aufbereitet und so sollte das eine schnelle und einfache Nummer werden. So dachte ich, wie falsch ich lag lest ihr weiter unten.
Zuerst hab ich die Idee mit meinem Mann besprochen. Der war dafür, denn wir teilen den gleichen Geschmack und so stellte ich ihm mein Design vor: dunkelblau mit goldenen Akzenten. Er stimmte zu und ich machte mich auf die Suche nach den geeigneten Materialien.
Von der Renovierung meines Ateliers hatte ich den Lack noch in bester Erinnerung und so bestellte ich erst mal Farbkarten mit den Farbtönen, die ich gut fand.
Die Entscheidung fiel recht schnell, die Wunschfarbe nennt sich „deep ocean“, ein wunderschönes dunkles Blau, welches ich mir mit goldenen Akzenten sehr gut vorstellen konnte.
Von der Atelier-Umgestaltung hatte ich noch güldene Möbelgriffe über die ich verwenden wollte.

Gesagt getan, der Lack kam und ich nahm zuerst nur die Schubladen aus dem Schränkchen. Für den Anfang erst mal genug und da wir nur begrenzt Platz in unserer Werkstatt haben war das ein guter Start.
Die Porzellangriffe wurden abgeschraubt (werden anderweitig weiter verwendet) und die alte weiße Farbe mit Abbeizer entfernt.
Ich muss sagen, der Abbeizer war vermutlich nicht der hochwertigste, machte seinen Job aber sehr gut. Vorteil, er stank nicht so erbärmlich wie ich das von anderen Produkten in Erinnerung hatte.
Die Schubladenfronten wurden ordentlich satt eingepinselt und das mit Frischhaltefolie abgedeckt. Ich habe das fast 24 Stunden einwirken lassen und es die Farbschichten gingen ziemlich einfach ab.
Da ich aber immer nur maximal 2 Schubladen gleichzeitig behandelt habe, zog sich das schon mal zeitmässig in die Länge.
Ausserdem habe ich auch nicht jeden Tag Zeit gehabt mich um die Aufbereitung zu kümmern.


Glücklicherweise waren nur die Fronten lackiert und die Schublade ansich war das originale unbehandelte Holz. Damals verwendete man kein Pressspan, die Schubladenkästen waren nicht verschraubt oder verklebt, sie sind gezapft. Nicht bei einer einzigen Schublade musste ich nacharbeiten. Einfach perfekter Zustand! Für so eine Arbeit musst du heute einen Tischler beauftragen und richtig tief in die Tasche greifen.
Nach dem Abbeizen kam das kackbraune Holz zum Vorschein und ich freute mich schon auf die erste Lackschicht um es wieder verschwinden zu lassen.
Die Oberfläche wurde hier und da mit Holzspachtel ausgebessert, fein angeschliffen und lackiert.
Ich habe zwei Schichten aufgetragen von der jeder mindestens einen Tag trocknen durfte (teilweise auch länger weil ich keine Zeit hatte weiter zu machen). Das Projekt zog sich!

Als die Schubladen fertig waren konnte man schon erahnen, dass das Endergebnis durch vorzeigbar werden würde.

Nächster Schritt: die Tür wurde abgeschraubt. Das heißt, ich wollte sie abschrauben. Früher benutzte man Schlitzschrauben und wenn diese reichlich überlackiert sind, wird es schwierig sie zu entfernen. Manche Schraubenköpfe sahen auch nicht mehr so brauchbar aus, die hatte vorher schon jemand mit Kraft reingewürgt und so musste ich etwas nachhelfen. Mit dem Dremel hab ich die Schlitze, oder das was davon übrgig war, tiefer eingefräst, damit der Schraubendreher greifen konnte. Das war eine nervige Fummelarbeit.
Glücklicherweise hatte der Erbauer nur wenige Schrauben benutzt. Jetzt lag das weiß lackierte Klavierband und die Schranktür vor mir.
Selbes Spiel, die Schranktür (gottseidank nur von aussen lackiert) wurde abgebeizt, fein geschliffen und lackiert.
Und während ich da so am Lackieren war kam mir die Idee, die Schranktür und die innere Rückwand des Schränkchens mit Tapete zu bekleben.
Von alten Projekten wusste ich, dass eine Tapete mitunter etwas störrisch und unkooperativ sein kann. Heisst, ganz oft lösen sich Ränder und Kanten und das sieht halt kacke aus.
Welchen Kleber benutzt man am besten? Tapentenkleister? Sprühkleber? Normalen Allzweckkleber?
Die Lösung des Problems sollte eine selbstklebende Tapete sein, früher benutzte man ja schon dcfix für alles was überklebt werden sollte.
Ein schönes Design zu einem Preis zu kriegen der sich im Rahmen hielt war nicht so einfach. Also weitete ich die Suche international aus und wurde in China fündig. Ich verfiel dem Kaufrausch und bestellte einige schöne Tapeten mit ebenso wundervollen Motiven.
War ganz einfach und als die Lieferung kam war ich hocherfreut über Qualität und Design.

In der Zwischenzeit nahm ich mir den Korpus des Schränkchens vor. Er hatte an den Seiten einige Löcher und Macken die erst repariert werden mussten. Auch da folgten, schleifen und lackieren.
Die nächste Hürde war die Abdeckplatte. Ich hatte erfolgreich verdrängt, dass ich damals die Korkauflage einfach überstrichen hatte. Es fiel mit erst dann wieder ein als der Abbeizer die Oberfläche ich eine klebrige Matschepampe verwandelt hatte. So ein Mist!
Der Mann schlug vor die Abdeckplatte einfach durch eine neue zu ersetzen. Das wollte ich nicht, denn diese wunderschönen Rundungen hätte man wohl kaum so hingekriegt wie sie am Original zu sehen sind.
Ich fing dann irgendwann an mit einer Spachtel vorsichtig an die klebrige Schicht abzutragen. Wollte gucken wie weit man die entfernen kann um evtl den Rest abzuschleifen oder so.
Und, was soll ich sagen? Man kann ja auch mal Glück haben. Unter der matschigen Schicht kam unversehrtes Holz zum Vorschein. Die Schicht ließ sich relativ gut entfernen und es blieben nur wenige Klebereste übrig die ich anschließend einfach weggeschliffen habe.
Die entstandene Kante (die Korkschicht war ca 2mm dick) habe ich einfach plan geschliffen. Jetzt fällt das überhaupt nicht auf. Auch diese Arbeiten haben Zeit gekostet.
Geschliffen, lackiert, gefreut!
Den Innenraum des Faches mit der Tür und den Einlegeboden (wurde erneuert) habe ich ebenfalls dunkelblau gestrichen, nur die Rückwand (innen) habe ich ausgespart, da sollte ja die Tapete dran.

Für das Schränkchen hatte ich mir eine Tapete mit wunderschönem Design ausgesucht. Die Farben passten wunderbar zu dem dunklen Blau und den goldenen Griffen. Ein sehr schöner Kontrast wie ich finde. Wider Erwarten war die Tapete top. Nicht zu dünn, nicht zu dick.
Die Tapete ließ sich super zuschneiden und auch relativ leicht an der Rückwand anbringen.
Weil das so einfach hab ich flux die Tapete für die Türeninnenseite zugeschnitten und ebenfalls aufgeklebt. Sah echt perfekt aus bis ich beim Zusammenbau bemerkte, dass das Design auf dem Kopf stand…….nun ja, wer nix arbeitet macht auch keine Fehler….. abgefummelt, neu zugeschnitten und diesmal in der richtigen Ausrichtung verklebt.

Die Möbelfüße waren auch noch ein Thema. Ich konnte mich nicht entscheiden ob ich einfach schwarze Metallfüße im Industriestyle oder doch lieber was Verspieltes mit goldenen Akzenten verbauen wollte.
Ich fragte kurzerhand mal die Community nach ihrer Meinung und diese bestätigte meine heimlich getroffenen Entscheidung: verspielt mit gold aber das Holz passend zur Schrankfarbe lackiert.
Gesagt getan.


Die nächste Hürde war das Anbringen der Halterung für die Füße.
Chinaware kann unter Umständen kleine Mängel in der Passgenauigkeit bzw mit den Maßen haben. Wer sich aber selbst behelfen kann und etwas Geschick mitbringt umschifft diese Klippe spielend. Ich musste die Gewinde sowohl bei den Füßen als auch an der Halterung nacharbeiten. War aber kein Problem.
Das Anbringen der Halterung gestaltete sich von mal eben Bohren und Schrauben zu heftigem Fluchen, Bohren und Schrauben.
Murphy´s Law vom Feinsten wenn du genau dort das Bohrloch haben willst wo der Boden des Schrankes angenagelt ist. Egal, wir haben´s hingekriegt (inkl. Fluchen, Zetern und gegenseitigem Anzicken) und die Füße angebracht.
Das Klavierband (Scharnier für die Tür) habe ich ebenfalls abgebeizt und mit etwas Polierpaste wieder zum Glänzen gekriegt. Mein Mann besorgte noch passende Schrauben und schon war alles wieder an Ort und Stelle.
Jetzt steht das Schmuckstück wieder im Eingangsbereich und wir erfreuen und daran.
Allerdings schreit so ein Designstück jetzt nach einem Makeover des übrigen Eingangsbereiches: Wände verputzen, Fussboden aufhübschen, Türen farblich angleichen.

Fertig werden wir so schnell nicht!
PS: Das Schränkchen riecht immer noch nach Seife aus dem Badezimmer meiner Oma!
Kleiner Hinweis am Rande:
Einschlägige Chinashops sind was die Preise angeht teilweise echt alternativlos. Ja, ich unterstütze normalerweise die Art und Weise wie dort Arbeiter behandelt werden NICHT.
Gehst du aber in den heimischen Baumarkt und guckst dort nach Alternativen, dann klebt auch an jedem zweiten Produkt der „Made in China“ Aufkleber.
Wie man´s macht, macht man´s verkehrt.

